Michael Först

Sich bei seinem Leben packen lassen

Kreuzpunkt Autorität und Gehorsam

Ich stehe im Kreuzpunkt Autorität und Gehorsam. Tatsachen aus der Kirchengeschichte strecken hilfeschreiend die Hände aus: Wie war das mit den Hexen? Gefesselt ins Wasser geworfen war der Tod sicher. Gingen sie nicht unter, galt das als letzter Beweis, daß sie Hexen waren, und sie wurden auch getötet. Wie war es mit den heiligen Kriegen in Gottes Namen?! Das "Kreuzigt ihn" wird so nahe, so hörbar, so vertraut und bekannt: Auch die Kirche kreuzigte Christus in ihrer Geschichte oft.

Autorität aber soll zum Dienst an den Menschen befähigen, bis zum allerletzten Sichhergeben: Jesus hat keinen seiner Jünger, keinen Menschen abgeschrieben. Er hat auch Judas in seinem Kreis gelassen. Er hat keinen Bann auferlegt und keinen nachgeurteilt, dort wo das Vorurteil den sicheren Tod bedeutete. Schweigend schrieb er in den Sand, bis auch der letzte "Gerechte" sich davonstehlen konnte und nur noch die Beschuldigte übrigblieb. Ich höre die Frage einer jungen Frau von heute: "Gehören Sie auch zu denen, die mich verurteilen, weil ich die Schwangerschaft abgebrochen habe?"

Jesus fordert zum dialogischen Gehorsam auf: "Einer ist euer Meister, ihr alle seid Brüder und Schwestern!" Eine ziemliche Herausforderung in unserer Zeit, in der die Parole gilt: "Alle sind gleich, einige sind aber gleicher." Oben und unten sind nicht die Orientierungen einer christlichen Kirche, sondern das Ich-helfe-dir-wieder-auf-die-Beine und die Freude: "Du bist da!". Franziskus verbreitete in der Nachfolge Jesu eine Welle der Erlösung in Italien und darüber hinaus. Versöhnung und Liebe sind die Früchte, an denen man die Jünger Jesu erkennen kann.