Michael Först

Sich bei seinem Leben packen lassen

Franz von Assisi

Franziskus zeigt mir einen Weg, der mehr und mehr für mich gangbar wird. Die beseelte und unbeseelte Natur nimmt er in ein geschwisterliches Miteinander. Weil Gott alles erschaffen und Christus alles erlöst hat, ist mir alles Bruder und Schwester, sind wir Geschwister. Er sieht die Welt damit in einer "theokratischen Anarchie" - Gott allein ist Herr: Vater und Mutter.

Nur von seinem religiösen Ansatz her dürfen wir den "Bruder Immerfroh" zu den Gewaltfreien, den Ökologen, zum Patron der Tierschutzvereine, zum Friedensbringer zählen. Er ist auf beiden Seiten und nie einseitig. Er geht auf beide Mächte zu, auf ihre Repräsentanten, auf die weltlichen und auf die geistlichen, auf den Bürgermeister und auf den Bischof. Er baut keine Sperren auf und kennt keinen "friedlichen" Steinhagel. Er kennt den Weg der "gewaltsamen Gewaltlosigkeit" nicht.

Franziskus umarmt das Verabscheute. Er sucht überall die Spuren des Schöpfers und findet sie auch. Er schmäht und verachtet nicht, sondern gibt dem anderen immer noch die Möglichkeit zur Entfaltung. In seiner Sprache ist ein Ja und ein Nein klar und gültig. Mit seinem Leben spiegelt er seine Worte. "Und wenn wir sehen oder hören, daß Menschen Böses sagen oder tun oder Gott lästern, dann wollen wir Gutes tun und Gott loben, der gepriesen ist in Ewigkeit."

Franziskus ist kein alternativer Heiliger, sondern so realistisch, daß er mit der Wirklichkeit umgeht, daß er Lebensraum schafft, daß er den kranken Bruder be-hand-elt. Franziskus distanziert sich nicht in sachlichem Kalkül, er läßt sich von der unaufhörlichen Liebe Jesu zu uns drängen. Er flüchtet nicht aus der Kirche, sondern sucht den gehbaren Weg nach Rom, er geht ins Zentrum und gibt sein unverstelltes, einfaches Leben. Er sucht unablässig die Spuren des Schöpfers. Gott ist ja Vater und Mutter, der alles geschaffen hat, der alles trägt, der jeden in seinen Händen hält.

Das Leben des Franz von Assisi zeigt mir Wege und Hilfen, um aus unseren verfahrenen Wegen und Sackgassen herauszukommen: "Pax et bonum".